Die HILO Spinnmaschine: Open Source Technologie für regionale Lieferketten

von Kathrin, Mai 2024

Eines unserer Hauptanliegen bei Fibershed DACH ist es, regionale Lieferketten in der Textilproduktion aufzubauen. Dabei gibt es viele Lücken, und eine davon ist das Spinnen kleiner Mengen Garn aus regionalen Fasern. Es ist möglich, aber es gibt auch viele Hürden - nicht zuletzt hohe Preise und sehr lange Wartezeiten.

Wie schön wäre es, wenn es eine leicht zugängliche Technologie gäbe, mit der es möglich wäre, kleinere Mengen Garne zu spinnen! Wenn Schafhalter:innen ihre eigene Wolle verarbeiten lassen könnten oder Textilschaffende, die regionale Ressourcen nutzen wollen, nicht an hohen Mindestabnahmemengen scheitern.

Und hier kommen ein 3D-Drucker, eine open source Technologie und ein textiler Co-Working Space ins Spiel. Zusammen mit Sarah von Hilo Textiles konnten wir für euch einen Workshop organisieren, in dem sich die Teilnehmenden mit einer Spinnmaschine aus dem 3D-Drucker ausprobieren konnten - direkt vor Ort und nicht nur digital. Für alle, die nicht dabei sein konnten, geben wir hier einen kleinen Einblick in dieses inspirierende Event.

Der perfekte Ort - Berlin Textile Coop

An einem Samstag im März 2024 trafen wir uns in Berlin Friedrichshain in den Räumen der Berlin Textile Coop. Das Studio ist  eine Art Co-Working Space speziell für Textilschaffende und ein idealer Ort, um neue Ideen zu entwickeln, zu experimentieren und sich in Ruhe auszutauschen. Überall gibt es Bücher zu textilen Themen, Garne in allen Farben und verschiedenste Materialien - man fühlt sich sofort wohl.

Herzstück der Textile Coop ist der  Werkstattraum mit diversen Maschinen für Entwicklung und Design : Es gibt eine Strickmaschine (Kniterate), eine Stickmaschine, einen Espinner und ein Kardiergerät von HILO und vor allem: die HILO Spinnmaschinen. Und genau darum drehte sich alles an diesem Samstag.

Vier Spinnmaschinen standen für uns bereit, um die Technologie kennenzulernen und mit verschiedenen Materialien zu experimentieren.

Die Spinnmaschinen in inspirierender Umgebung. Photo Credit: K. Toepffer.

 

Die Technologie - eine Spinnmaschine aus dem 3D-Drucker

Was ist nun das Besondere an der HILO Spinnmaschine?

Die HILO Spinnmaschine wurde von der Textildesignerin Sarah Diaz Rodriguez entwickelt, die an diesem Tag auch den Workshop geleitet hat. Die Informationen zum Bauen der Maschine sind Open Source, und die meisten Teile können mit einem 3D-Drucker hergestellt werden. Somit kann sich jede:r die Maschine selbst zusammenbauen und mit etwas Tüftelei den eigenen Bedürfnissen anpassen

Die Spinnmaschine kann zugeführte Materialien verdrehen und somit zu Fäden spinnen bzw. mehrere Fäden miteinander zu Garnen verdrehen. Mit verschiedenen zusätzlichen Elementen wie z.B. einem Vorstrecker lässt sie sich erweitern.

Steuerung der HILO Spinnmaschine. Photo Credit: K. Toepffer.

 

Der Workshop

Sarah sprach eingangs kurz über ihre Arbeit und erklärte die Funktionsweise der Spinnmaschine. Danach machten wir uns in vier Gruppen an den vier Spinnmaschinen mit ihrer Funktionsweise vertraut und spannen vorbereitetes Pencil Roving in verschiedenen Varianten. Und dann wurde es richtig spannend: Wir durften eigene mitgebrachte Materialien, die überwiegend lokal gesourcet waren, verarbeiten und untersuchen, wie sie sich auf den Maschinen spinnen lassen. Es gab Mohairwolle von Ziegen aus der eigenen Familie, selbst angebaute Flachsfasern, Hundewolle sowie Recyclingmaterial wie Webkanten und geschredderte Fasern. Wir verteilten uns auf die vier Spinnmaschinen und legten los. So wurde fleissig kardiert, auf der Spinnmaschine sowie mit dem Espinner experimentiert und Entdeckungen ausgetauscht.

Die Teilnehmer:innen unseres Workshops kamen aus den unterschiedlichsten Bereichen: Bildung, Produktion, Wolle, Recycling, Flachs - es war eine bunte Mischung. Dadurch entstand ein reger Austausch. Einerseits bestand das Interesse, mehr über das Spinnen und die Verarbeitung von Recyclingfasern zu erfahren, andererseits mit neuen Fasern und verschiedenen Garnqualitäten zu experimentieren. Leider war die Zeit viel zu schnell vorbei, um alle Experimente abzuschließen.

Pencil Roving in der HILO Spinnmaschine. Photo Credit: K. Toepffer.

 

Vorbereitung von Flachsfasern zum Spinnen. Photo Credit: K.Toepffer

 

Vorbereitung von Mohairfasern. Photo Credit: K. Toepffer

 

Das waren unsere Erkenntnisse

Die Zeit verging wie im Flug, und viel zu schnell kam die Abschlußrunde. Welche Erkenntnisse nahmen wir mit?

  • Die HILO Maschine ist sehr vielseitig, man kann seiner Fantasie und Kreativität freien Lauf lassen und recht schnell Ergebnisse produzieren.

  • Sie eignet sich gut, um in kleinem Maßstab Materialien zu testen und Garnkonstruktionen auszuprobieren.

  • Werden Fasern verarbeitet, dann müssen sie sehr gut vorbereitet sein (am besten Pencil Roving).

  • Die Faserlänge ist ein Schlüsselparameter im Prozeß: Flachs bzw. lange Fasern zu verarbeiten ist ganz etwas anderes, als mit Wolle zu arbeiten.

Zwirnversuche. Photo Credit: K.Toepffer

 

Die Spinnmaschine kann ein Baustein in regionalen textilen Lieferketten sein. Die Community rund um diese Maschinen ist sehr hilfsbereit und man kann sich gut austauschen. Die Maschine wird unter anderem auch von der Fantasy Fibre Mill zur Verarbeitung von regionalem Flachs eingesetzt.

Wäre so eine Spinnmaschine für Dich interessant? Hättest Du auch Interesse an so einem Workshop? Lass es uns wissen und schreib uns eine email!

Sampling mit Pencil Roving. Photo Credit: K.Toepffer.

 
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